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Muskuläre Dysbalancen – Warum sie entstehen und was hilft

Verletzungen, Zerrungen, Rückenbeschwerden entstehen auf unterschiedlichste Weise. Wenn es dann um die Klärung der Schuldfrage geht, ist der Angeklagte schnell ausgemacht: Dysbalancen. Und das zu Recht: Eine der häufigsten Ursachen für Fehlfunktionen des Bewegungsapparates sind muskuläre Dysbalancen durch einseitiges Training, Bewegungsmangel oder Schonhaltungen nach Verletzungen. In diesem Artikel liest du, wodurch Ungleichgewichte entstehen, wie du sie bekämpfst und ihnen vorbeugst. Also los!

Balance is not something you find, it’s something you create.

J. Kingsford

Wie entstehen muskuläre Dysbalancen?

Unser Körper ist von der Statik und Kräfteverteilung mit einem Segelschiff vergleichbar. So wie Drahtseile den Mast von allen Seiten gleichmäßig stabilisieren, damit er sicher steht und auch Stürmen standhält, so müssen auch unsere Muskeln die Wirbelsäule von allen Seiten gleichmäßig stabilisieren. Damit keine muskulären Dysbalancen entstehen ist es wichtig, dass alle mitwirkenden Kräfte im Gleichgewicht sind. Sind die Kräfte und Spannungs­zustände im Körper nicht ausgewogen, kommt es zu einem Kräfteungleichgewicht. Die entstandenen Spannungsunterschiede müssen dann kompensiert werden, was zu einer chronischen Erschöpfung einzelner Teile des Bewegungsapparates führt: z.B. zu Rückenschmerzen, Arthrose, Bandscheibenvorfällen, Ischiasproblemen, Schmerzen im unteren Rückens oder Nackenbeschwerden.

Warum entstehen muskulären Dysbalancen?

Das Wort Dysbalance sagt eigentlich schon klar, worum es geht: Es herrscht ein Ungleichgewicht. Bestimmte Muskeln wurden durch zu einseitige Beanspruchung im Alltag oder beim Sport überlastet und haben sich verhärtet, andere haben aufgrund ständiger Vernachlässigung Masse abgebaut. Im Teamwork deines Bewegungsapparates sind so nun einige Muskeln verkürzt und andere dagegen geschwächt. Ungünstige Spannungsunterschiede sind entstanden, die berüchtigten Dysbalancen. Die Frage ist jetzt nur: Warum? Wie ist es dazu gekommen? Nur wenn du die Ursachen kennst, kannst du Dysbalancen vorbeugen.

Was hilft Dysbalancen vorzubeugen?

Im Grunde ist es ja klar wie Wasser, welche Maßnahmen der Entstehung von Dysbalancen entgegenwirken. Hier ein paar Tipps:

Regelmäßig dehnen
Regelmäßig dehnen

1. Vielfalt beim Sport

Sportarten, bei denen viele Muskelgruppen gleichzeitig und ausgewogen beansprucht werden, sind perfekt geeignet wenn du muskuläre Dysbalancen vermeiden willst. Hierzu zählen alle Sport- und Trainingsarten mit komplexen Bewegungsabläufen, bei denen du möglichst viele Muskeln gleichzeitig beanspruchst, z.B. Turnen, Tanzen, Kampfsport…

2. Wieder beweglicher werden

Regelmäßiges Dehnen hilft natürlich Verkürzungen vorzubeugen und diese auch abzubauen. Triggerpunkte, also kleinen Knötchen in der Muskulatur, die zum Beispiel Teile deines Rückens verhärten, löst man z.B. auch durch eine Massage oder Mobilisation mit einem Foam Roller auf. Der Muskel entspannt sich dadurch wieder, wird weich und voll funktionsfähig.

3. Geschwächte Muskeln stärken

Reicht ein wenig Stretching aus, um innerhalb eines balancegestörten Gelenksystems wirklich eine Verbesserung zu erzielen? Schon… Dehnen hilft, aber: Besser funktioniert eine gezielte Kräftigung auf der geschwächten Seitedes Ungleichgewichts. Aktuelle Studien belegen, dass im direkten Vergleich nicht Dehnungstraining des „verkürzten“ muskulären Partners, sondern Krafttraining auf der Seite des Spannungsdefizits besser funktioniert.

Die häufigsten Gründe für muskuläre Dysbalancen

Verkürzungen in deiner Muskulatur können ganz verschiedene Gründe haben. Drei Gründe sind jedoch besonders häufig, deshalb solltest du über sie auf jeden Fall Bescheid wissen.

Einseitiges Training

Am häufigsten bringt einseitiges Training das Muskelgleichgewicht durcheinander – ist einfach so. Klar, Sport ist gesund, das weiß jeder. Aber nicht jede Sportart trainiert den Körper ausgewogen. Denk mal an Bowling, ein gutes Beispiel. Die Belastung ist super unsymmetrisch: Du bewegst eine bis zu 7 kg schwere Kugel immer mit derselben Hand. Der Wurfarm, die Schulter und der oberen Rücken werden total einseitig gefordert. Auch viele andere Sportarten benutzen nur bestimmte Muskelgruppen und vernachlässigen andere. Werden bestimmte Muskeln stärker und öfter als andere trainiert, werden sie im Kraftverhältnis bald ihre vernachlässigten Gegenspieler dominieren.

Gerade in Trainingsbereichen, in denen ganz gezielt und isoliert einzelne Muskelpartien bearbeitet werden – z.B. im Fitnessstudio an Kraftgeräten oder im Freihantelbereich – erlebst du sehr anschaulich, was damit gemeint ist: Jungs mit übertrieben trainiertem Oberkörper, Brustmuskelbergen und dazu Beinchen dünn wie Zahnstocher. Oder auch Mädels, die zu oft an der Ab- und Adduktorenmaschine waren und nun von vorne breite und an der Seite schmale Oberschenkel haben. Wer hat schon einen ausgewogen und vielseitig trainierten Körper? Turner, Kampfsportler oder Zirkusartisten vielleicht. Auch im Leistungssport findest Du überall Dysbalancen, z.B. bei Tennisspieler, deren Schlagarm doppelt so dick ist wie der andere.

Zu wenig Stretching

Beweglichkeit & Kraft müssen stimmen
Beweglichkeit & Kraft müssen stimmen

Macht Dehnen Spaß? Mir schon, aber mit dieser Meinung stehe ich unter Sportlern ziemlich alleine da. Viele hassen Stretching und sind deshalb steif wie Bierdeckel.Logo – wenn gar nicht oder zu wenig gedehnt wird, können Verkürzungen entstehen. Verkürzte Muskeln stören dann das Spannungsgleichgewicht deines Bewegungsapparates, was zu Fehlhaltungen und Beschwerden führt. Ein klassisches Beispiel von verkürzter Muskulatur ist z.B. der M. Iliopsoas, der Hüftbeuger. Auch bei Nicht-Sportlern neigt er durch zu viel und zu langes Sitzen im Alltag schnell zu Verkürzungen. Nicht nur die Beweglichkeit von Hüfte und Knie verschlechtert sich dadurch, auch Rückenschmerzen und Muskelverspannungen können auftreten. Die zur Verkürzung neigende Muskulatur zur Vorbeugung regelmäßig zu dehnen macht also auf jeden Fall Sinn. Hier eine kleine Übersicht der Muskeln, die du regelmäßig dehnen solltest:

  • Die Hüftbeugemuskulatur (M. iliopsoas)
  • Die Wadenmuskulatur (M. gastrocnemius und M. soleus)
  • Die Beinstreck- (M. quadriceps femoris) und Beinbeugemuskulatur (ischicrurale Muskulatur)
  • Die Adduktoren
  • Die Muskulatur des unteren Rückens
  • Die Brustmuskulatur (M. pectoralis major)
  • Die Muskulatur des Schulter-Hals-Bereichs (M. levator scapulae und der oberer Anteil des M. trapezius)

Triggerpunkte

Platz 3 auf dem Siegertreppchen der häufigsten Ursachen für Dysbalancen geht an die Triggerpunkte. Was das für Punkte sind? Naja, kurz gesagt einfach Knötchen in der Muskulatur. Im muskulären Teamwork deines Körpers müssen für geschwächte Muskeln andere Muskeln einspringen, damit eine Bewegung funktioniert. Wenn das dann zum Dauerzustand wird, werden diese Muskeln durch die zusätzliche Arbeit überlastet und es bilden sich kleine Muskelknoten (Triggerpunkte). Wie ein Knoten in einem Seil verkürzen diese Mini-Muskelkontraktionen den Muskel dauerhaft. Die durch die Knoten entstandenen Verkürzungen und Verspannungen verursachen oder verstärken muskuläre Dysbalancen.

Weitere Ursachen für Muskeldysbalancen

  • körperliche Inaktivität
  • sitzende Berufstätigkeit
  • Überlastung beim Training
  • falsche Bewegungsausführung
  • Schonhaltungen nach einer Verletzung

Abgesehen von den genannten Ursachen gibt es natürlich noch unzählige weitere Gründe. Schon allein die Tatsache, dass wir alle Rechts- oder Linkshänder sind, führt zu einer ungleichmäßigen Belastung der Muskulatur im Alltag. Außerdem spielen unsere Gewohnheiten noch eine nicht zu unterschätzende Rolle in diesem Spiel. Viele kleine Alltagshandlungen, wie Zähneputzen oder Staubsaugen, laufen immer gleich ab. Meine schwere Sporttasche habe ich zum Beispiel jahrelang jeden Tag über der rechten Schulter getragen, mittlerweile habe ich einen Rucksack. Auch auf der Arbeit dominieren täglich be­stimmte Bewegungs- und Haltemuster. Dein Telefon oder Drucker steht z.B. links von dir? Wie oft am Tag drehst du dich in diese Richtung?

Zurück ins Gleichgewicht

Um den gesamten Bewegungsapparat wieder ins Lot zu bringen, ist Körperbewusstsein super wichtig. Es macht im ersten Schritt total Sinn, sich erst mal die eigenen Haltungs- und Bewegungsgewohnheiten bewusst zu machen. Wenn du dann ein klares Bild hast und die Auslöser für Dysbalancen enttarnt hast, kannst du durch gezieltes Ausgleichstraining gegensteuern.

Geschwächte Muskeln stärken
Geschwächte Muskeln stärken

Ausgleichendes Training heißt dann, dass du dein Workout so anpasst, dass eine weitere Verstärkung des Ungleichgewichts verhindert wird. Du kannst Verkürzungen und Verspannungen durch leichte Lockerungs- oder Dehnübungen auflösen. Das kann z.B. an deinen trainingsfreien Tagen, vor oder nach deinem Workout stattfinden. Um abgeschwächte Muskeln aufzubauen, solltest du dein gewohntes Training mit Kraftübungen für die betroffenen Muskeln ergänzen. Unabhängig von deinen persönlichen Dysbalancen gibt es Muskeln, von denen man weiß, dass sie bei den meisten Leuten, einfach aufgrund des westlichen Lebensstils, zur Verkürzung oder Abschwächung neigen. Wenn Du also keine Möglichkeit zur genauen und individuellen Analyse deines Muskelgleichgewichts hast, empfehle ich präventiv die Muskeln zu trainieren, die zur Abschwächung neigen und die Muskeln zu dehnen, die zur Verkürzung neigen:

Muskulatur mit Neigung zur Abschwächung

  • Waden
  • Adduktoren (Beininnenseiten)
  • Po
  • Bauch
  • Brust

Muskulatur mit Neigung zur Verkürzung

  • Vorderer Oberschenkel
  • hinterer Oberschenkel
  • unterer Rücken
  • Hüftbeuger

Routine ist dein Feind, Abwechslung dein Freund!

Die beste Art muskulären Dysbalancen vorbeugen ist vielseitig und ausgewogen zu trainieren. Dein Trainingsprogramm sollte also abwechslungsreich sein und am besten Cardio Parts, Kräftigungs-, Gleichgewichts-, Koordinations- und Dehnübungen enthalten. Also probier immer mal wieder etwas Neues aus!

Sportliche Sonnengrüße

Caro

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